Die Theorie des sozialen Vergleichs
Der soziale Vergleich ist ein natürlicher Vorgang. Der Mensch kann sich der Anziehungskraft des Vergleichs mit anderen Menschen nicht entziehen. Das liegt daran, dass wir relationale und gesellige Lebewesen sind. Das Verhalten anderer Menschen dient uns als Leitfaden, der die Grundlage dafür bildet, wie wir die Welt wahrnehmen und interpretieren.
Welche Teile unseres “Selbst” werden also durch soziale Vergleiche genährt? Einer davon ist das Selbstkonzept, also das Konzept, das wir von uns selbst entwickeln, und das sich auf die Anzahl und Art der Rollen bezieht, die wir im Laufe unseres Lebens erwerben und ausüben. Diese Rollen manifestieren sich also in den Gruppen, denen wir angehören.
Wir wären nicht in der Lage, ein vollständiges Verständnis davon zu erlangen, wie wir sind, wenn wir unsere Gruppenzugehörigkeit nicht in unser Selbstkonzept einbeziehen würden.
– Elena Gaviria Stewart –
Die Theorie des sozialen Vergleichs: Was ist das Selbstkonzept?
Wie viel weißt du über dich selbst? Wer bist du? Das Selbstkonzept bezieht sich auf das Maß an Informationen, das wir über uns selbst haben.
Es wird gebildet durch die Rollen, die wir spielen (Vater, Sohn, Bruder, Psychologe, Sportler, Schriftsteller). Auch durch die Kontexte, in denen wir uns entwickeln (Zuhause, Schule, Universität, Arbeit). Dazu zählen ebenso die Tätigkeiten, die wir ausüben (analytisch, kreativ, vorsichtig), als auch die Eigenschaften, die uns charakterisieren (lustig, freundlich, verantwortungsbewusst). Es wird überdies gebildet durch den Gemütszustand, den wir in jeder Situation haben.
Das Selbstkonzept bezieht sich auf die Sammlung von Fähigkeiten, Temperamenten, Zielen, Werten und Vorlieben, die manche Menschen von anderen unterscheiden.
– Elena Gaviria Stewart –
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie wir Informationen über uns selbst gewinnen können. Die erste ist, dass wir Rückschlüsse auf unser Verhalten ziehen. Nach Daryl Bems Selbstwahrnehmungstheorie konstruieren wir mentale Modelle von uns durch Zuschreibungen unserer Verhaltensweisen. Das heißt, wir schreiben uns selbst Eigenschaften und Etiketten zu, die die Ursachen für unser Verhalten erklären, z. B.: Ich habe diese sehr schwierige Prüfung bestanden, weil ich intelligent bin.
Die zweite Art, wie wir uns selbst besser kennenlernen, ist der soziale Vergleich. Wir vergleichen uns in unserem Verhalten, aber auch in unseren Meinungen und Fähigkeiten. Und das tun wir mit Menschen, die uns ähnlich oder anders sind, aus der gleichen Gruppe oder aus einer fremden sozialen Gruppe, an die wir gewöhnt sind.
Jeder Mensch hat das Bedürfnis, ein Selbstbild zu haben, das es ihm erlaubt, einzigartig zu sein.
– Elena Gaviria Stewart –
Die Theorie des sozialen Vergleichs: Was ist Identität?
Identität ist das Ergebnis eines langen Konstruktionsprozesses, der in der Kindheit beginnt und im Alter seinen Höhepunkt noch lange nicht erreicht. Sie ist die Summe des “Persönlichen”. Identität wird durch Elemente, Menschen, Ideen, Werte und Überzeugungen konstruiert, mit denen wir uns identifizieren, aber auch durch solche, die weit davon entfernt sind, uns zu repräsentieren.
Es geht darum, eine Farbe auf eine weiße Leinwand zu bringen, die heraussticht und das Auge beeindruckt. Die Menschen, die für uns von Bedeutung sind, die Rollen, die wir spielen, und die Bewertungen, die andere von uns vornehmen, spielen eine wichtige Rolle für unsere Identität.
Identität ist auch ein Wissen, das darauf abzielt, die eigene Person zu beschreiben und dabei andere Menschen und Gruppen zu berücksichtigen, mit denen wir uns identifizieren. Sie ist das Ergebnis unserer Beziehungen und der Reaktionen und Gedanken, die wir in Bezug auf sie hegen. Identität ist aber auch die Überzeugungen und Einschätzungen, die andere uns vermitteln, d. h. was andere von uns denken.
Identität kann persönlich sein, wenn sie sich auf die Eigenschaften bezieht, die sich im Selbstkonzept widerspiegeln (ich bewundere Jackson Pollock, ich mag Rap-Musik), sie kann aber auch sozial sein. Die soziale Identität bezieht sich auf die Eigenschaften, die wir den Beziehungen zu anderen zuschreiben. Sie ergibt sich aus dem Kontakt mit anderen Menschen, zum Beispiel: Ich bin Julias Freund oder ich bin geselliger als Paula, aber weniger gesellig als Andreas.
Die soziale Identität ist der Teil des individuellen Selbstkonzepts, der sich aus dem Wissen um die Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe (oder sozialen Gruppen) und der emotionalen und bewertenden Bedeutung dieser Zugehörigkeit ergibt.
– Elena Gaviria Stewart –
Die Theorie des sozialen Vergleichs
Die Theorie des sozialen Vergleichs wurde 1954 von dem bekannten U.S.-amerikanischen Sozialpsychologen Leon Festinger entwickelt. Diese Theorie befasst sich damit, wie wir durch den Vergleich mit anderen Menschen etwas über uns selbst lernen. Wir lernen dabei sowohl auf interindividueller Ebene (ich in Bezug auf ein anderes Subjekt) als auch auf der Ebene von Gruppen (die Gruppe, der ich angehöre, in Bezug auf eine andere Gruppe).
Ein merkwürdiger Effekt des sozialen Vergleichs ist das “Glänzen mit dem Ruhm anderer”. Für die spanische Sozial-Psychologin Elena Gaviria Stewart besteht dies aus “der Tendenz, sich mit Menschen oder Gruppen zu verbünden oder zu verstärken, die aus irgendeinem Grund wünschenswert sind (in der Regel, weil sie erfolgreich waren). Damit möchte man den Eindruck verbessern, den andere von einem selbst haben”.
Irgendwie gibt es eine treibende Kraft in uns, die uns dazu antreibt, genaue Selbsteinschätzungen zu erhalten. Um das zu erreichen, stellen wir uns in den Spiegel der anderen und vergleichen uns in Bezug auf unsere Überzeugungen, Meinungen und Fähigkeiten.
Das Ziel ist dabei zweifach: Einerseits soll die Unsicherheit verringert werden, die durch mangelnde Selbstkenntnis in einem bestimmten Aspekt entstehen kann, und andererseits soll die Genauigkeit, mit der wir uns selbst definieren, erhöht werden.
Die Ähnlichkeits-Hypothese
Laut Festinger ist es für uns angenehmer, uns mit anderen Menschen zu vergleichen, die uns ähnlich sind, weil wir uns dann mehr verbinden. Insbesondere tun wir das in verschiedenen Bereichen:
- Wenn es um Fähigkeiten und Fertigkeiten geht, neigen wir dazu, uns mit denen zu vergleichen, die wir für fähiger halten als uns. Das liegt daran, dass wir von dem Wunsch angetrieben werden, uns zu verbessern, zu wachsen und unsere Fähigkeiten zu erweitern.
- Wenn es um Meinungen geht, haben wir eine Vorliebe für Menschen, die anders denken als wir. Warum? Der Grund liegt darin, dass wir uns selbst bestätigen, wenn sie, obwohl sie anders denken als wir, am Ende mit unseren Meinungen übereinstimmen. Wenn sie uns hingegen nicht verstehen, werden wir eine eher ablehnende Haltung einnehmen.
- In Situationen, in denen wir uns unwohl fühlen, neigen wir dazu, uns mit Menschen zu vergleichen, die sich in einer ähnlichen Situation befinden wie wir. Die Fähigkeit zur Empathie ist ein mächtiges Mittel, mit dem wir Spannungen abbauen können, und deshalb versuchen wir, uns mit denen zu vergleichen, mit denen wir mitfühlen.
- Was die Stimmung angeht, so können Menschen mit einem niedrigen emotionalen Zustand diese durch den sozialen Vergleich mit Menschen in ähnlichen oder schlechteren Situationen verbessern und steigern.
Wie wir gesehen haben, steht Festingers Theorie des sozialen Vergleichs in engem Zusammenhang mit zwei Schlüsselkonzepten der Sozialpsychologie: dem Konzept, das wir von uns selbst haben, und der Identität.
Der soziale Vergleich ist also eine Möglichkeit, das Wissen, das wir über uns selbst, aber auch über die Menschen um uns herum haben, zu pflegen und zu bereichern.
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