Die 8 Arten von Krampfanfällen
Krampfanfälle sind eine der häufigsten neurologischen Erkrankungen weltweit. Krampfanfälle können auf unterschiedliche Weise auftreten, je nachdem, in welchem Bereich des Gehirns der Anfall seinen Ursprung hat. Möchtest du mehr über die 8 Arten von Krampfanfällen erfahren? In diesem Artikel geben wir dir alle Informationen dazu.
Der Begriff Anfall bezeichnet eine anormale, abrupte, übermäßige und hypersynchrone elektrische Entladung einer Gruppe von Neuronen. Epilepsie ist eine chronische Erkrankung des Gehirns, die durch wiederkehrende Anfälle gekennzeichnet ist, die einen Teil des Körpers oder den gesamten Körper betreffen können.
Studien zufolge tritt Epilepsie in den meisten Fällen in der Kindheit auf, wobei mehr als 50 % der Anfälle vor dem Alter von 10 Jahren auftreten. Krampfanfälle äußern sich in der Regel als abnorme, unwillkürliche Bewegungen in einem beliebigen Körperteil. Sie können aber auch sensorische, kognitive und sogar emotionale Störungen verursachen.
Warum kommt es überhaupt zu Krampfanfällen?
Krampfanfälle sind das Ergebnis eines Ungleichgewichts zwischen den erregenden und hemmenden Elementen des zentralen Nervensystems. Damit es zu Anfällen kommt, muss es eine neuronale Veranlagung und einen Faktor geben, der die elektrische Entladung stimuliert. Der Anfallsherd oder Fokus kann nach seiner Entstehung isoliert oder über das gesamte Gehirn verteilt sein.
Eine Überaktivierung von Neuronen führt zu unterschiedlichen Symptomen, je nachdem, welche Hirnregion betroffen ist. Im Allgemeinen treten unwillkürliche ruckartige Bewegungen auf, wenn der Frontallappen des Gehirns stimuliert wird.
Einige der häufigsten Ursachen für die verschiedenen Arten von Anfällen sind die folgenden:
- Zerebrovaskuläre Krankheit.
- Fieberkrämpfe.
- Traumatische Hirnverletzungen.
- Infektionen.
- Hirntumore.
- Chronischer Alkoholismus.
Welche Arten von Krampfanfällen gibt es?
Anfälle werden nach den klinischen Symptomen und den bei einer EEG-Untersuchung festgestellten Befunden klassifiziert. Die International League Against Epilepsy (ILAE) schlug vor, die verschiedenen Anfallsformen in generalisierten Beginn, fokaler Beginn und Anfälle unbekannten Beginns einzuteilen.
Lokalisierte Anfälle sind Anfälle, die auf eine bestimmte Hirnregion oder auf eine einzelne Gehirnhälfte beschränkt sind. Sie können mit oder ohne Bewusstseinsveränderung auftreten und motorischer oder nicht-motorischer Natur sein.
Generalisierte Anfälle hingegen sind Anfälle, die zunächst das gesamte Hirngewebe betreffen. Bei dieser Gruppe kann es sich um motorische oder nicht-motorische Anfälle handeln, die als Absencen bezeichnet werden.
1. Generalisierte tonisch-klonische Anfälle
Diese Art von Anfällen ist eine der häufig dramatisch aussehenden Formen bei Menschen mit epileptischen Anfällen, früher auch Grand Mal genannt. Diese Art von Anfall beginnt meist mit einer plötzlichen Bewusstlosigkeit und einem Sturz zu Boden aus dem Stehen. In ähnlicher Weise ist der Anfall durch allgemeine und anhaltende Muskelzuckungen für die Dauer von 10 bis 20 Sekunden gekennzeichnet.
Auf die Muskelkontraktionsphase folgen Perioden der Muskelentspannung während der klonischen Phase. Es tritt ein grobes Gesichtszucken, Zucken an Armen und Beinen sowie ein Zucken des Rumpfes auf. Normalerweise kann es während des Anfalls dazu kommen, dass die betroffene Person sich auf die Zunge beißt und es zu einem unwillkürlichen Urinabgang kommen kann.
Tonisch-klonische Anfälle dauern etwa 1 Minute. In der Nachphase kehrt das Bewusstsein zurück, begleitet von Verwirrtheit, Kopfschmerzen, Müdigkeit und Muskelschmerzen, die Minuten oder auch Stunden andauern könnne.
2. Generalisierte myoklonische Anfälle
Myoklonische Anfälle treten normalerweise als plötzliche, “einschießende”, kurzdauernde Zuckungen eines Teils oder des gesamten Körpers auf. Die unwillkürliche Bewegung ist das Ergebnis der plötzlichen Kontraktion einer Muskelgruppe. Im Allgemeinen betreffen diese Arten von Anfällen die Schulter- und Armmuskulatur, was dazu führt, dass Gegenstände aufgrund des Griffverlusts herunterfallen.
Diese Anfälle sind häufig mit Stoffwechselstörungen, degenerativen Erkrankungen und Hirnverletzungen verbunden. Darüber hinaus sind myoklonische Episoden charakteristisch für die juvenile myoklonische Epilepsie, eine Form der generalisierten Epilepsie, die in der Pubertät am häufigsten vorkommt.
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3. Generalisierte atonische Anfälle
Bei dieser Variante kommt es zu einem plötzlichen Verlust des Muskeltonus und der Körperhaltung mit schneller Erholung. Das Bewusstsein kann für ein paar Sekunden beeinträchtigt werden; Verwirrtheit ist nach einem derartigen Anfall jedoch selten. Diese Anfälle sind verantwortlich für Verletzungen und Knochenbrüche durch Stürze.
Atonische Anfälle können als einzelne isolierte Episode auftreten. Sie werden jedoch auch mit anderen Anfallsarten in Verbindung gebracht.
4. Generalisierte Absence-Anfälle
Abwesenheitsanfälle sind eine Form von generalisierten Anfällen, die auch Petit Mal genannt wurden. Sie treten im Schulalter oder in der Jugend auf und sind mit schlechten schulischen Leistungen verbunden. In der typischen Form zeigt die Person einen vorübergehenden Verlust des Kontakts mit der Umgebung, ohne dass die Körperhaltung beeinträchtigt wird.
Betroffene Menschen verharren plötzlich in dem, was sie gerade tun und habe einen starren Blick. Auch schnelles Blinzeln und Zittern der Hände können auftreten. Die Episoden dauern nur wenige Sekunden und die betroffene Person erholt sich schnell und ohne Verwirrtheit.
Andererseits kann es bei einigen Patient:innen zu atypischen Absence-Anfällen kommen. In diesem Fall sind die Episoden länger, mit einem weniger abrupten Einsetzen und Wiederaufleben. Darüber hinaus können sie von deutlicheren unwillkürlichen Bewegungen begleitet sein.
5. Fokale Anfälle ohne Bewusstseinsveränderung
Diese Arten von Anfällen wurden früher als einfach-fokale (herdförmige, nur einen Teil betreffende) Anfälle bezeichnet. Während des Anfalls hat die betroffene Person keine Bewusstseinstörung.
Die klinischen Manifestationen variieren je nach Hirnareal, in dem der Anfallsherd auftritt. Die häufigsten Formen fokaler Anfälle sind die folgenden:
- Motorisch: Bei diesem Anfall treten sich wiederholende unwillkürliche Bewegungen und Lähmungen eines Körpersegments auf, mit abnormalen Positionen und Körperhaltungen. Normalerweise befindet sich der Anfallsherd im prärolandischen Frontalbereich des Gehirns.
- Sensorisch: Die Person zeigt oberflächliche oder tiefergehende Missempfindungen. Der Anfall manifestiert sich mit Empfindungen von Kribbeln (“Ameisenlaufen”), Kälte, Hitze oder Schmerz bei Berührung. Der Anfall entsteht im Parietallappen des Gehirns. Darüber hinaus treten auditive und olfaktorische Halluzinationen auf, wenn der Zustand in der Schläfenregion liegt.
- Autonom: Diese Anfälle verändern normalerweise die unwillkürlichen Funktionen, die vom autonomen Nervensystem reguliert werden. Aus diesem Grund kann die Person plötzliche Temperaturänderungen, starkes Schwitzen, übermäßigen Speichelfluss sowie eine Pupillenerweiterung aufweisen.
- Kognitiv: Diese Episoden sind mit Gedächtnis- und Denkstörungen verbunden. Darüber hinaus sind die Empfindungen von bereits erlebten Erfahrungen oder Déjà-vu-Erlebnisse häufig, ebenso wie sich wiederholende Denkmuster.
- Emotional: Patient:innen erleben normalerweise intensive Emotionen, die nichts mit dem aktuellen psychischen Zustand oder mit beobachteten Situationen zu tun haben. Abnormale Angst ist die häufigste Form, in der sich der Anfall manifestiert.
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6. Nicht bewusst erlebte fokale Anfälle (früher: komplex-fokal)
Anfällen von Bewusstseinsstörungen geht oft eine Aura, d.h. eine Vorwarnung mit noch erhaltendem Bewusstsein voraus, wie Angstgefühle und Déjà-vu-Erlebnisse. Anfänglich erscheint der Patient/die Patientin unbeweglich und hat einen leeren Blick. Typisch ist das Auftreten von unwillkürlichen und sich wiederholenden Kau-, Schmatz- und Schluckbewegungen sowie Bewegungen der Arme und Beine (Nesteln, Strampeln), Kopf- und Körperwendungen sowie Verdrehen der Augen. Die Betroffenen wirken wie in Trance und vergessen anschließend, dass sie kurz zuvor einen Anfall hatten.
Nach dem Anfall kann die vollständige Genesung der Person bis zu 1 Stunde dauern. Diese Periode wird von Verwirrtheit, Amnesie und Kopfschmerzen mittlerer Intensität begleitet.
7. Fokale Anfälle mit Progression zu bilateralen tonisch-klonischen Krampfanfällen
Diese Art von Anfällen entsteht durch die Ausdehnung des epileptischen Herdes von seinem primären Ursprungsort auf die gesamte Hirnoberfläche. Die abnormen neuronalen Entladungen werden in der Regel im Frontallappen gebildet, und die klinischen Symptome ähneln generalisierten tonisch-klonischen Anfällen.
8. Epileptische Krämpfe
Bei diesem Typ handelt es sich um eine plötzliche, kurze und anhaltende Beugung oder Streckung der proximalen Muskeln des Körpers, einschließlich der Rumpfmuskeln. Die Episode dauert normalerweise 1 bis 5 Sekunden an. Dabei kann es zu einer plötzlichen Beteiligung von Kopf und Hals der Patient:innen kommen. Epileptische Anfälle sind im ersten Lebensjahr häufig und nach dem 2. Lebensjahr selten.
Krampfanfälle sollten nicht unterschätzt werden
Es gibt verschiedene Arten von Anfällen, die Entstehung und Schwere des Krankheitsbildes der betroffenen Person beschreiben. Krampfanfälle können das Ergebnis von zerebrovaskulären Ereignissen, Traumata, Fieberkrämpfen und sogar Hirntumoren sein. Daher ist das Auftreten eines Krampfanfalls normalerweise ein Alarmzeichen.
In ähnlicher Weise sind Krampfanfälle mit mehreren Komplikationen verbunden, die kurzfristig zum Tod führen können. Aus diesem Grund ist es wichtig, im Falle eines Krampfanfalls so schnell wie möglich einen Arzt/eine Ärztin aufzusuchen. Gesundheitsspezialist:innen sind die einzig Qualifizierten, um den Zustand zu beurteilen, die zugrunde liegende Ursache zu erkennen und die beste therapeutische Option anzubieten.
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